nicht erreichbar

News

Heftige Kritik am Vorgehen von Schwarz-Grün zur Reform des Verfassungschutzgesetzes und des Polizeigesetzes in Hessen

Zwei Wochen nach der Beschlussfassung des Landtages wird die Kritik an der Reform des Hess. Verfassungsschutzgesetzes noch einmal laut. Im „ Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen “ wurden neben dem Verfassungsschutzgesetz auch das Hessische Gesetz über die Sicherheit und Ordnung (HSOG) sowie das Hessische Ausführungsgesetz zum Artikel 10-Gesetz geändert.

Die insgesamt 29 Änderungen im HSOG beinhalten auch die Legitimation des Einsatzes eines Staatstrojaners zum Zwecke der Online-Durchsuchung. Der Hessentrojaner kommt nun also nicht für das Landesamt für Verfassungsschutz, sondern für die Polizei. „An unserer Kritik hat sich seit dem ersten Gesetzesentwurf nichts geändert. Der CCC lehnt das Vorhalten und den Einsatz von staatlicher Spionagesoftware weiterhin entschieden ab“, so Marco Holz vom CCC Darmstadt.

Kritikwürdig ist neben den vielen inhaltlichen Schwächen der Gesetzesreformen auch das Vorgehen der schwarz-grünen Koalition. Die jüngsten Änderungen im HSOG wurden innerhalb von einer Woche in zweiter und dritter Lesung im Hessischen Landtag beschlossen. Diese Änderungen des Polizeigesetzes waren in der ursprünglichen Form des Gesetzesentwurfs nicht vorhanden und sind erst 2 Wochen vor der zweiten Lesung in den Gesetzgebungsprozess eingebracht worden. Innenminister Peter Beuth äußerte sich dagegen im Landtag gegenteilig: „Das Polizeirecht war bereits Gegenstand der Anhörung. Die Maßnahmen waren in dem Gesetzgebungspaket bereits im Oktober letzten Jahres enthalten und sind damit keine Neuerungen“. Er unterschlägt damit allerdings den erst Monate nach der Anhörung eingebrachten Änderungsantrag auf 45 Seiten mit 29 zusätzlichen Änderungen am HSOG.

Kurz vor der Landtagswahl wurde zudem die bestehende Kritik aus der Anhörung nicht ausgeräumt. Alexander Bauer (CDU) gab in der dritten Lesung im Landtag zu Protokoll, schon im ursprünglichen Gesetzesentwurf, der schon längere Zeit vorliegt, habe es bereits Änderungen zum Polizeigesetz HSOG gegeben, die von den Betroffenen in der umfangreichen Anhörung bewertet würden. Er zitiert im Landtag die Polizeigewerkschaften als Befürworter des Gesetzes in der Anhörung, stellt aber die massive Kritik anderer Sachverständiger an den Gesetzesentwürfen kaum dar. Bauer bleibt daher auch eine Begründung schuldig, warum eine erneute Anhörung zu den kurzfristig eingefügten, weitreichenden Änderungen nicht nötig sei. Innenminister Peter Beuth (CDU) erklärt dazu lediglich, man habe ein Verfassungsschutzgesetz erarbeitet, dass die aktuelle Rechtssprechung berücksichtige. Die in der Anhörung und den Beratungen angebrachte fachliche Kritik habe sich damit aufgelöst, so Beuth.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt die Änderungen zwar inhaltlich, äußert aber ebenfalls Kritik an dem Vorgehen, das Polizeigesetz ohne Anhörung der Betroffenen im Eiltempo durch den Landtag zu winken. Auch innerhalb der Grünen Partei war das Maßnahmenpaket nicht unumstritten. Sowohl auf dem Landesparteitag im November letzten Jahres in Hanau, als auch auf dem Parteitag der Grünen in Wiesbaden im Juni diesen Jahres, sprach sich die Grüne Basis durch entsprechende Beschlüsse gegen die Einführung von Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung aus.

Jürgen Frömmrich, Innenpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion hält die nun verabschiedeten Gesetzesänderungen hingegen für einen „guten Kompromiss“. Er versichert laut einem Bericht der Frankfurter Rundschau vom 5. Juli 2018 , dass Sicherheitslöcher im Netz zu diesem Zwecke nicht offengehalten würden. Eine entsprechende Regelung im verabschiedeten Gesetzesentwurf fehlt dazu allerdings vollständig. Diesen Umstand hatte der CCC bereits in seiner Stellungnahme scharf kritisiert . „Der Normalfall wird nicht sein, dass eine Sicherheitslücke genutzt wird. Der Normalfall wird sein, dass die entsprechenden Personen die Software unbewusst selbst installieren. Jeder Bürger weiß, wie leicht das passieren kann, wenn man einen Anhang öffnet, den man nicht öffnen sollte“, so Frömmrich. Auch hier zeigt sich eindrucksvoll, wie wichtig eine weitere Anhörung im Hessischen Landtag gewesen wäre. „Ein Trojaner, der sich beispielsweise als PDF-Datei in einem Mailanhang versteckt, kommt ebenfalls nicht ohne auf dem genutzten Betriebssystem ausnutzbare Sicherheitslücken aus. Um das System zu infizieren, müssten in diesem Fall Schwachstellen im PDF-Betrachter aktiv ausgenutzt werden“, erläutert Magnus Frühling vom CCC Frankfurt den technischen Sachverhalt.

Auch die Bedenken der Opposition wurden im finalen Gesetzestext nicht aufgegriffen. Nancy Faser (SPD) kritisierte in der dritten Lesung im Landtag nochmals die weiterhin mangelhaft umgesetzte parlamentarische Kontrolle und fordert, dass alle Fraktionen in der parlamentarischen Kontrollkommission vertreten sind (aktuell sind FDP und Linke dort nicht vertreten). Auch der bereits von der FDP geforderte Whistleblowerschutz und die Möglichkeit für Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, sich direkt an parlamentarische Kontrollkommission wenden können, fehlen im finalen Gesetz. Hermann Schaus (Die Linke) spricht von einer „knallharten Einschränkung der Kontrollrechte des Parlamentes“, kritisiert die Einschränkungen der Kontrolle durch die G 10-Kommission und beantragt in dritter Lesung eine namentliche Abstimmung. Bisher war die Kontrolle der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten durch das Landesamt für Verfassungsschutz Aufgabe der G 10-Kommission. Zukünftig wird lediglich die Verarbeitung der Daten Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle sein.

Obwohl die SPD die Forderungen der Koalition zwar grundlegend befürwortet, wolle man den Gesetzgebungsvorgang rechtlich prüfen lassen. Auch Die Linke hatte bereits angekündigt, eine rechtliche Prüfung einleiten zu wollen.

Eine Rechtfertigung von CDU und Grünen, warum die weitreichenden Änderungen im HSOG kurz vor der Landtagswahl ohne weitere Anhörung beschlossen werden mussten, nachdem man sich zuvor mit der Reform des Verfassungsschutzgesetzes vier Jahre Zeit gelassen hatte, bleibt weiterhin aus.

Wer sich die Diskussion dazu im Thema noch einmal komplett antun möchte, findet die Aufzeichnungen der Landtagssitzungen zum Thema auf Youtube: